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Freistellung nach Kündigung oder Aufhebungsvertrag

Die Freistellung eines Arbeitnehmers nach einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag führt zum Wegfall seiner vertraglichen Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung. Sie ist häufig Folge einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Allerdings sind unterschiedlichste Ausgestaltungen der Freistellung denkbar, die verschiedene Konsequenzen mit sich bringen können.

1. Was versteht man unter einer arbeitsrechtlichen Freistellung?

Bei einer Freistellung wird der Arbeitnehmer bei fortlaufendem Arbeitsverhältnis von seiner Arbeitsleistung freigestellt. Er muss also trotz weiterhin gültigem Arbeitsvertrag nicht mehr zur Arbeit erscheinen.

Von einer Freistellung sind somit zwei grundlegende arbeitsrechtliche Ansprüche betroffen:

  • der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers und
  • der Anspruch des Arbeitgebers auf die vertraglich geschuldete Leistung des Arbeitnehmers.

Einerseits hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, arbeitsvertragsgemäß beschäftigt zu werden. Er hat also ein Recht auf Arbeit. In dieses Recht wird durch die Freistellung eingegriffen, da der Arbeitnehmer nicht mehr die Arbeitsleistung erbringen muss bzw. sogar darf.

Andererseits ist der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber zur Erbringung seiner arbeitsvertraglich geregelten Tätigkeit verpflichtet. Diese Verpflichtung hebt die Freistellung auf. Anders formuliert: Der Arbeitgeber verliert seinen Anspruch auf Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.

Für den Arbeitgeber ist eine Freistellung insbesondere dann sinnvoll, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf seine Initiative hin erfolgte. Er hat dann nämlich regelmäßig kein Interesse mehr an einer Tätigkeit des Angestellten. In der Praxis möchte der Arbeitgeber oft auch den weiteren Zugriff des Arbeitnehmers auf sensible Daten des Unternehmens vermeiden, wenn dieser zu einem direkten Wettbewerber wechselt.

Einvernehmliche vs einseitige Freistellung

Die Freistellung verändert die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden gegenseitigen Rechte und Pflichten und kann daher grundsätzlich nur im Falle einer gegenseitigen Zustimmung erfolgen. Eine solche einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfolgt oft nach einer Kündigung oder im Rahmen eines Aufhebungsvertrags.

Allerdings kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen auch einseitig zur Freistellung befugt sein:

  • Einerseits können die Bedingungen bereits vorab im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt sein. Hierbei ist jedoch stets zu beachten, dass diese Vertragsklauseln unter Umständen unwirksam sein können.
  • Außerdem kommt eine Freistellung in Betracht, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Freistellung dasjenige des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung überwiegt.

    Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer verfügt über weitreichende Einsichtsmöglichkeiten in Betriebsinterna und steht unmittelbar vor einem Wechsel zu einem Wettbewerber des Arbeitgebers.

    Beispiel 2: Für den Arbeitnehmer bestehen keinerlei Beschäftigungsmöglichkeiten mehr, bspw. weil der Betrieb geschlossen wurde.

In der arbeitsgerichtlichen Praxis wird dem Arbeitgeber zudem vielfach die Möglichkeit eingeräumt, den Arbeitnehmer zur Urlaubsgewährung einseitig freizustellen. Das gilt vor allem, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung noch über nennenswerte Urlaubsansprüche verfügt. Die konkrete Möglichkeit ist allerdings stark vom Einzelfall abhängig.

Auch abseits der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag existieren Fälle der Freistellung von der Arbeitsleistung. Beispielhaft seien Urlaub oder die Freistellung zur Pflege naher Angehöriger nach dem Pflegezeitgesetz genannt.

Bezahlte vs unbezahlte Freistellung

Eine Freistellung von der Arbeitsleistung ist für den Arbeitnehmer immer dann interessant, wenn zugleich die Vergütungspflicht des Arbeitgebers aufrechterhalten bleibt. Nur dann erhält der Arbeitnehmer weiterhin seinen Arbeitslohn. Allerdings können sich die Parteien auch auf eine unbezahlte Freistellung einigen. Weil dies aber nur in den seltensten Fällen für den Arbeitnehmer attraktiv ist, stellt die bezahlte Freistellung den Regelfall dar.

Arbeitnehmer sollten sich ohne vorherigen Rechtsrat nicht auf eine unbezahlte Freistellung einlassen.

Widerrufliche vs unwiderrufliche Freistellung

Die Freistellung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird regelmäßig zwischen den Vertragsparteien vereinbart und ausgehandelt. Aus diesem Grund können sich Arbeitnehmer und -geber auch auf verschiedene Arten der Freistellung einigen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Widerruflichkeit der Freistellung zu.

Eine unwiderrufliche Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses ist nur im gegenseitigen Einvernehmen wieder rückgängig zu machen. Ohne Zustimmung des Arbeitnehmers muss dieser während der restlichen Dauer des Arbeitsvertrages nicht mehr zur Arbeit erscheinen.

Eine unwiderrufliche Freistellung wird vom Arbeitgeber häufig mit der Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche verknüpft. In der Folge muss der Arbeitnehmer seinen ungenutzten Urlaub nehmen. Er hat somit nach Ende des Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs durch Auszahlung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber für die Anrechnung des Urlaubsanspruchs allerdings zu erkennen geben, dass er den Arbeitnehmer zu diesem Zweck freistellen will (BAG, Az.: 9 AZR 468/18). Der Arbeitgeber muss dies also ausdrücklich durch eine Formulierung wie „unter Anrechnung der Urlaubsansprüche“ erklären. Andernfalls bleibt der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bestehen und muss unter Umständen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden.

Im Falle der widerruflichen Freistellung ist der Arbeitnehmer zwar grundsätzlich von seiner Arbeitsleistung freigestellt. Der Arbeitgeber kann die Freistellung aber jederzeit einseitig widerrufen. Dann muss der Arbeitnehmer also wieder zur Arbeit erscheinen. Nicht selten hat der Arbeitgeber eine Ankündigungsfrist – bspw. von vier Tagen – zu wahren.

Eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen ist im Falle der widerruflichen Freistellung ausgeschlossen.

2. Hat man einen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung nach einer Kündigung?

Arbeitnehmer haben kein Recht auf eine bezahlte Freistellung nach der Kündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings können Freistellungen mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden. Dies geschieht regelmäßig im Rahmen von Aufhebungsverträgen.

Jedoch haben Arbeitnehmer ein Recht auf – wenn auch nur kurzfristige – Freistellung, um Bewerbungsgespräche für einen neuen Arbeitsplatz wahrzunehmen. Der Arbeitgeber ist gemäß § 626 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer „angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses“ zu gewähren. Davon umfasst sind nicht nur Vorstellungsgespräche, sondern auch Termine bei der Agentur für Arbeit, Probearbeitstage bei einem potenziellen Arbeitgeber etc. Dieser Anspruch des Arbeitnehmers besteht unabhängig davon, auf wessen Initiative das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde.

3. Auswirkungen der Freistellung für Arbeitnehmer

Bei der Freistellung nach einer Kündigung oder aufgrund eines Aufhebungsvertrages sind jedoch noch weitere Auswirkungen zu beachten. Das Arbeitsverhältnis wird mit der Freistellung nicht beendet, weswegen zahlreiche Rechte und Pflichten des Arbeitsvertrages fortbestehen. Diese Bedingungen können die Parteien aber im Falle einer einvernehmlichen Freistellung frei aushandeln.

Keine Besonderheiten bei der Sozialversicherungspflicht

Der Arbeitnehmer bleibt auch im Zeitraum der Freistellung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seine Beschäftigung endet erst mit dem Ende der Kündigungsfrist oder dem im Aufhebungsvertrag genannten Datum.

Die Sozialversicherungsträger haben lange Zeit eine gegenteilige Auffassung vertreten. Für Arbeitnehmer hatte dies zur Folge, dass sie sich selbst versichern mussten. Mittlerweile haben die Sozialversicherungsträger ihre Praxis aber an die bundessozialgerichtliche Rechtsprechung angepasst.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bleibt die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auch bei einvernehmlicher und unwiderruflicher Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bestehen (BSG, Az.: B 12 KR 22/07 R).

Krankheit und Entgeltfortzahlung

Nach der Rechtsprechung des BAG wird mit der Freistellung grundsätzlich nicht von den gesetzlichen Vorschriften zur Entgeltfortzahlung zulasten des Arbeitgebers abgewichen. Dieser muss daher nur in den ersten sechs Wochen der Krankheit den Lohn fortzahlen, soweit im Rahmen der Freistellung nicht ausdrücklich Gegenteiliges vereinbart wird (BAG, Az.: 5 AZR 393/07).

Anschließend hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Krankengeld gegenüber den Sozialversicherungsträgern.

Zusatz- oder Nebentätigkeiten

Grundsätzlich hat die Freistellung keine weitergehenden Auswirkungen auf die Möglichkeit des Arbeitnehmers, Nebentätigkeiten auszuüben. Es gelten die arbeitsvertraglichen Regelungen fort, sodass je nach Arbeitsvertrag eine Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich sein kann. Im Falle der widerruflichen Freistellung ist zudem zu beachten, dass der Arbeitnehmer jederzeit wieder zur Arbeitsleistung verpflichtet werden kann.

Der Arbeitgeber kann eine unwiderrufliche Freistellung auch mit einer Anrechnung eines anderweitig erzielten Verdienstes verbinden. Dies muss er sich allerdings explizit vorbehalten.

Fortgeltung eines Wettbewerbsverbots

Sofern keine abweichenden Regelungen im Rahmen der Freistellung getroffen werden, bleibt es bei den vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverboten. Der Arbeitnehmer darf damit während der Laufzeit des Arbeitsvertrages grundsätzlich nicht bei Wettbewerbern des Arbeitgebers tätig werden. Von diesem Grundsatz können Arbeitgeber und -nehmer jedoch beispielsweise im Rahmen eines Aufhebungsvertrages abweichen.

Das Bundesarbeitsgericht sah in einer Freistellungsbedingung, wonach anderweitiger Verdienst des Arbeitnehmers auf das Gehalt anzurechnen war, den Verzicht auf ein Wettbewerbsverbot. Der Arbeitgeber müsse dann explizit darauf hinweisen, dass das Wettbewerbsverbot weiterhin bestehen bleiben soll (BAG, Az.: 5 AZR 703/05).

4. Kann eine Freistellung unwirksam sein?

Sehen Arbeits- oder Tarifvertrag nicht ausdrücklich rechtswirksame Freistellungsklauseln vor, hat der Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen ein einseitiges Freistellungsrecht.

Hier einige Beispiele für derartige Ausnahmen:

  • der Verdacht schwerer Straftaten, die sich gegen das Unternehmen richten (bspw. der Verrat von Betriebsgeheimnissen)
  • die berechtigte Gefahr, dass ein Arbeitnehmer mit Einblick in Betriebsinterna zu einem Wettbewerber wechselt
  • der Wegfall sämtlicher Beschäftigungsmöglichen des Arbeitnehmers

Eine einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber kann also auch unwirksam sein. Da der Arbeitnehmer allerdings in den meisten Fällen keine Einwände gegen die bezahlte Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist hat, kommt es nur selten zum Streit über die Wirksamkeit der Freistellung.

Jedoch kann der Arbeitnehmer auch über ein nachweisliches Interesse an der Weiterbeschäftigung während der Kündigungsfrist verfügen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg nahm ein solches Interesse bei einem Redakteur einer Homepage an, die arbeitsgerichtliche Entscheidungen arbeitnehmerfreundlich aufbereitete. Durch die fehlenden Zugriffsmöglichkeiten auf die Informationen der Redaktion während seiner Freistellung habe der Redakteur für seine künftigen Tätigkeiten Nachteile erleiden können. Es habe die Gefahr bestanden, dass er fachlich nicht „auf dem Laufenden“ bleibe (LAG Baden-Württemberg, Az.: 3 SaGa 1/21).

Dieser Beschäftigungsanspruch lässt sich – je nach Einzelfall – auch gerichtlich durchsetzen. Hierfür empfiehlt sich der einstweilige Rechtsschutz wegen der regelmäßig kurzen Freistellungsdauer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.

Beachte: Dem Arbeitnehmer entsteht bei einer bezahlten Freistellung grundsätzlich kein Vermögensschaden.
Die Wirksamkeit einer Freistellung und die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs sollten anwaltlich geprüft werden.

5. Sonderfall: Freistellung bei Insolvenz des Arbeitgebers

Einen Sonderfall stellt die Freistellung infolge einer Insolvenz des Arbeitgebers dar. Grundsätzlich hat die Insolvenz zwar keinen Einfluss auf den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Der Insolvenzverwalter kann daher regelmäßig nicht aufgrund spezieller Gesetzesnormen einen Arbeitnehmer freistellen. Stellt er den gekündigten Arbeitnehmer jedoch bspw. wegen fehlender Aufträge oder Betriebsschließung frei, so bleibt der Lohnanspruch des Arbeitnehmers bestehen.

In Insolvenzsituationen wird jedoch nicht jede Forderung gleich wahrscheinlich vom Insolvenzverwalter beglichen. Sogenannte Masseverbindlichkeiten – also nach der Insolvenzanmeldung entstandene Ansprüche – werden vielmehr vorrangig bezahlt. Für Freistellungen ist hierfür das sogenannte Erarbeitungsprinzip relevant, wonach das Arbeitsentgelt dem Zeitraum zugeordnet wird, in dem es erarbeitet wurde.

Beispiel: Wird ein Arbeitnehmer ab August 2023 bezahlt freigestellt, „erarbeitet“ er seinen Lohn für August in diesem Monat. Die Freistellung wirkt dabei so, als ob der Arbeitnehmer normal gearbeitet hätte.
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Wenn der Arbeitgeber also im Juli 2023 bereits Insolvenz angemeldet und der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer ab August 2023 freigestellt hat, stellen die Lohnforderungen des Arbeitnehmers vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeiten dar.

Eine Besonderheit besteht jedoch im Falle der Masseunzulänglichkeit, wenn also das pfändbare Vermögen des Arbeitgebers nicht zur Begleichung der Masseforderungen ausreicht. Das Gesetz sieht in diesen Fällen vor, dass die Forderungen freigestellter Arbeitnehmer nachrangig zu erfüllen sind.

Arbeitnehmer können in diesem Fall Arbeitslosengeld bei der zuständigen Arbeitsagentur beantragen.

6. Fazit

  • Bei einer Freistellung nach einer Kündigung oder infolge eines Aufhebungsvertrages wird der Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsvertrages von der Pflicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung entbunden.
  • Die Freistellung wird grundsätzlich einvernehmlich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart und führt regelmäßig nicht zum Entfall des Lohnanspruchs.
  • Erfolgt die Freistellung widerruflich, so muss der Arbeitnehmer jederzeit damit rechnen, erneut zur Arbeitsleistung verpflichtet zu werden. Eine unwiderrufliche Freistellung gilt hingegen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
  • Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, vom Arbeitgeber nach einer Kündigung freigestellt zu werden.
  • Sozialversicherungsrechtlich hat die Freistellung keine Auswirkungen – der Arbeitnehmer muss sich während der Dauer nicht selbst versichern. Im Krankheitsfall gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen zur Entgeltfortzahlung.
  • Bei Zusatz- und Nebenverdiensten sind die individuell getroffenen Regelungen zu beachten, insbesondere auch zu Wettbewerbsverboten.
  • Unwirksame Freistellungen können durch gerichtliche Geltendmachung des Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers durchgesetzt werden.
  • Im Insolvenzfall kommt es darauf an, ob der Lohnanspruch des Arbeitnehmers als Masseverbindlichkeit gilt. Bei einer Masseunzulänglichkeit werden die Forderungen des freigestellten Arbeitnehmers nachrangig beglichen.