Haben Arbeitnehmer nach jeder Kündigung einen Anspruch auf Abfindung? Und was ist von Abfindungen zu halten, die in so genannten Aufhebungsverträgen vereinbart werden? Viele Arbeitnehmer sind bei diesem Thema verunsichert. Die Rechtsanwälte der Kündigungsschutzkanzlei bringen Licht ins Dunkel. Die Spezialisten für Arbeitsrecht kennen nicht nur die Arbeitsgerichte im Umfeld der insgesamt 16 Kanzlei-Standorte genauestens, sondern auch die wichtigsten Arbeitgeber der jeweiligen Region und deren finanziellen Möglichkeiten und Verhalten in Kündigungsverfahren. Kanzleigründer Tim Fink war darüber hinaus jahrelang als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht engagiert.
1. Was versteht man unter einer Abfindung?
Von einer Abfindung spricht man immer dann, wenn anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sei es durch Kündigung oder durch einen so genannten Aufhebungsvertrag, eine Geldzahlung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer fließt. Die Abfindung soll also quasi einen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes schaffen.
2. Abfindungen sind grundsätzlich freiwillig
Auch wenn es viele glauben: Nicht jeder Arbeitnehmer, der eine Kündigung erhält, kann automatisch eine Abfindung beanspruchen. In den meisten Fällen steht es dem Arbeitgeber frei, ob er dem Mitarbeiter eine solche anbietet. In der Praxis wird hiervon allerdings recht häufig Gebrauch gemacht. Auch Arbeitgeber haben nämlich ein Interesse daran, sich im Guten von einem Mitarbeiter zu trennen. Ein Kündigungsschutzverfahren ist langwierig und teuer. Deshalb bieten Unternehmen häufig großzügige Abfindungen an, die den ehemaligen Arbeitnehmer von einer Klage gegen seine Kündigung abhalten sollen.
3. Vertragliche Vereinbarung einer Abfindung
Einen einklagbaren Anspruch auf Abfindung können Arbeitnehmer aber dann haben, wenn diese vertraglich mit dem Arbeitgeber vereinbart wurde.
Manchmal wird schon beim Abschluss eines Arbeitsvertrages eine solche Klausel aufgenommen.
Wesentlich häufiger ist jedoch die Vereinbarung einer Abfindung in einem so genannten Aufhebungsvertrag, der statt einer Kündigung geschlossen wird. Vor der Unterschrift unter einen solchen Vertrag sollten Arbeitnehmer – auch wenn die Abfindung noch so verlockend erscheint – immer einen Rechtsanwalt konsultieren, denn die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags kann eine Sperre beim Arbeitslosengeld nach sich ziehen. Die daraus resultierenden finanziellen Einbußen können die Abfindungssumme schnell aufzehren.
Ein vertraglicher Anspruch auf Abfindung kann nicht nur zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt werden. Auch Betriebsräte oder Tarifpartner können dies tun und den Anspruch in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung regeln. Arbeitnehmer, die in deren Geltungsbereich fallen, können die Abfindung dann einklagen.
Einen Unterfall der Betriebsvereinbarung bilden so genannte Sozialpläne. Sie werden oft bei groß angelegtem Stellenabbau im Zusammenhang mit Betriebsänderungen ausgehandelt und beinhalten häufig ebenfalls Abfindungsregelungen.
4. Abfindungsangebot im Kündigungsschreiben
Manchmal wird eine Abfindung allerdings auch im Kündigungsschreiben in Aussicht gestellt. Sie wird dann in der Regel davon abhängig gemacht, dass der Mitarbeiter keine Kündigungsschutzklage erhebt. In diesem speziellen Fall entsteht nach § 1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sogar ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung, den das deutsche Recht ansonsten nicht kennt. Die Höhe der Abfindung liegt in diesem Fall laut Gesetz grundsätzlich bei 0,5 Brutto-Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr.
Dieser Abfindungsanspruch ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:
- Der Arbeitgeber spricht eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung aus.
- Für den betroffenen Mitarbeiter gilt das Kündigungsschutzgesetz: Dies ist der Fall, wenn der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter hat und der Arbeitnehmer dort schon länger als sechs Monate angestellt ist.
- Der Arbeitgeber weist im Kündigungsschreiben darauf hin, dass der Mitarbeiter eine Abfindung nach 1a des KSchG erhält, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt, also die dreiwöchige Klagefrist hierfür ungenutzt ablaufen lässt.
- Der Mitarbeiter lässt die Frist verstreichen. Achtung: Sobald er Klage erhebt, wird das Angebot der Abfindung hinfällig! Es nützt dem Arbeitnehmer dann auch nichts mehr, wenn er eine bereits erhobene Klage später zurückzieht.
5. Abfindung nach Kündigungsschutzklage
Auch Arbeitnehmer, die eine Kündigungsschutzklage erheben, können auf diesem Umweg zu einer Abfindung kommen. Arbeitgeber haben meist kein Interesse an einem langwierigen Rechtsstreit. Insbesondere wenn der Mitarbeiter gute Aussichten hat, den Prozess zu gewinnen, ist der Chef deshalb oft geneigt, das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden. In diesem einigt man sich in der Regel auf eine Abfindung, die durchaus höher sein kann als die nach § 1a KSchG zu zahlende.
Doch auch wenn der Arbeitnehmer den Prozess gewinnt, kann eine Abfindung winken. Das kommt dann in Betracht, wenn das Arbeitsgericht zu dem Schluss kommt, dass es dem Betreffenden angesichts der gesamten Umstände schlicht nicht mehr zuzumuten ist, weiter für seinen Prozessgegner zu arbeiten. In dem Fall kann das Gericht das Arbeitsverhältnis, das wegen der erfolgreichen Kündigungsschutzklage ja erst einmal weiter besteht, auflösen und dem Arbeitnehmer eine Abfindung als Ausgleich zusprechen. Auf diesem Weg können sehr hohe Abfindungen erzielt werden. Dafür muss das Arbeitsverhältnis aber auch völlig zerrüttet sein, was nachzuweisen ist.
6. Abfindung gemäß betrieblicher Übung
Wurden in einem Betrieb in der Vergangenheit bei Kündigungen regelmäßig Abfindungen gezahlt, so kann dies ebenfalls einen Anspruch auf Abfindung begründen. Soll ein Arbeitnehmer im Unterschied zu anderen Kollegen plötzlich leer ausgehen, so kann er in diesem Fall auf Gleichbehandlung pochen. Verweigern kann der Arbeitgeber sie allerdings dann, wenn er die früheren Zahlungen unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt hatte.
7. Mein Tipp
Wer eine Abfindung angeboten bekommt, der sollte im Hinterkopf behalten, dass die in Aussicht gestellte Summe zwar nicht sozialversicherungs- aber steuerpflichtig ist. Es wird also nicht der volle Betrag der Abfindung ausbezahlt.
Steuern sparen können Arbeitnehmer allerdings mit der so genannten „Fünftel-Regelung“: Einmalige Abfindungen gelten nach dem Einkommenssteuergesetz als so genannte außerordentliche Einkünfte. Bei der Steuerberechnung können sie deshalb auf fünf Jahre verteilt werden. Rechnerisch wird dazu die Steuer auf das Einkommen ohne Abfindung mit der auf das einschließlich Abfindung verglichen. Das Fünffache des Unterschiedsbetrags ist dann die Einkommensteuer, die für die Abfindung anfällt.
Eine Abfindung nach § 1 a KSchG ist für Arbeitnehmer insbesondere dann interessant, wenn eine Kündigungsschutzklage in ihrem Fall nicht sehr aussichtsreich erscheint. Dagegen sollten Arbeitnehmer, die vor Gericht gute Karten haben, sich überlegen, ob sich im Verlauf eines Rechtsstreits nicht eine höhere Abfindung durchsetzen ließe.
Zu einer im Rahmen eines Aufhebungsvertrages vereinbarten Abfindung ist diejenige nach § 1 a KSchG dagegen sehr oft die bessere Alternative. Bei ihr muss der Arbeitnehmer keine Sperre seines Arbeitslosengeldes befürchten, die bei Aufhebungs- und Abfindungsverträgen außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes oft droht.