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Kündigung und Kündigungsschutz von Auszubildenden

Kann man in der Ausbildung gekündigt werden? Viele Auszubildende wissen nicht, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Kündigung durch den Arbeitgeber zulässig ist. In diesem Beitrag erläutern wir, wann eine Kündigung der Ausbildung möglich ist, unter welchen Bedingungen Azubis selbst kündigen können und welche Besonderheiten beim Kündigungsschutz in der Ausbildung zu beachten sind.

1. Was ist bei der Kündigung von Azubis zu beachten?

Die Ausbildung soll die für die spätere Berufsausübung notwendigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln. Während der Ausbildung erwerben die Auszubildenden berufliche Handlungsfähigkeit und sammeln erste praktische Erfahrungen im Ausbildungsbetrieb.

Grundlage der Berufsausbildung ist der Ausbildungsvertrag, der zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb geschlossen wird. Auf diesen sind die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) anzuwenden. Daneben gelten – wie bei einem regulären Arbeitsverhältnis – die arbeitsrechtlichen Vorschriften.

Auszubildende genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Spezielle Regelungen gelten darüber hinaus für minderjährige und schwangere Auszubildende sowie Auszubildende mit Schwerbehinderung.

Sofern es im Unternehmen einen Betriebsrat oder Personalrat gibt, ist dieser vor der Kündigung anzuhören.

2. Ist die Kündigung von Azubis während der Probezeit erlaubt?

Die Ausbildung beginnt mit einer Probezeit von mindestens einem Monat. Die maximale Dauer der Probezeit darf höchstens vier Monate betragen. Vereinbarungen über eine kürzere oder längere Probezeit sind unwirksam.

Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis von Ausbildungsbetrieb und Azubi jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (fristlos) gekündigt werden (§ 22 Abs. 1 BBiG).

Kündigungsgründe müssen bei einer Kündigung während der Probezeit nicht angegeben werden. Die Kündigung muss aber schriftlich erfolgen und vor Ablauf der Probezeit zugehen. Bei minderjährigen Auszubildenden muss die Kündigung den gesetzlichen Vertretern zugehen bzw. von diesen erfolgen.

3. Was sind die rechtlichen Hürden für eine Kündigung von Auszubildenden nach der Probezeit?

Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung der Ausbildung durch den Ausbildungsbetrieb nicht zulässig. Der Betrieb kann die Ausbildung dann nur noch aus wichtigem Grund fristlos kündigen (§ 22 Abs. 2 BiBG).

Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund wird zwischen verhaltensbedingter, personenbedingter und betriebsbedingter Kündigung unterschieden. Die Kündigung muss schriftlich mit Angabe des Kündigungsgrunds erfolgen.

Außerdem ist die Zwei-Wochen-Frist zu beachten: Die Kündigungsgründe dürfen bei einer außerordentlichen Kündigung nicht länger als zwei Wochen bekannt sein.

Wann kann ein Ausbildungsvertrag gekündigt werden?

Vor Ausbildungsbeginn Während der Probezeit Nach der Probezeit Nach der Probezeit (Ausnahme für Azubi)
Kündigungsfrist Keine Frist notwendig Keine Frist notwendig Keine Frist notwendig Kündigungsfrist beträgt 4 Wochen
Kündigungsgrund Kündigung ohne Grund möglich Kündigung ohne Grund möglich Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich Ausbildungsaufgabe oder Berufswechsel

Grundsätzlich gilt, dass eine Kündigung das letzte Mittel darstellt. Vor Ausspruch einer Kündigung muss in der Regel eine Abmahnung erfolgen. Nur bei besonders schweren Verstößen kann eine Kündigung ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung wirksam sein. Dabei kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

Verhaltensbedingte Kündigung

Davon spricht man, wenn die Kündigungsgründe im Verhalten des Auszubildenden liegen. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe sind unter anderem Verstöße gegen den Ausbildungsvertrag, schwerwiegende Pflichtverletzungen oder ein unangemessenes Verhalten.

Beispiele hierfür sind:

Ein einmaliges Zuspätkommen oder eine generelle Unzufriedenheit mit der Leistung des Auszubildenden stellt keinen wichtigen Grund dar und rechtfertigt keine fristlose Kündigung.

Personenbedingte Kündigung

Der wichtigste Fall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Krankheit. Der Ausbildungsbetrieb kann den Azubi krankheitsbedingt kündigen – jedoch nur in Ausnahmefällen. Eine negative Gesundheitsprognose kann dann einen wichtigen Grund für die Kündigung darstellen

Eine Kündigung der Ausbildung wegen Krankheit ist ausnahmsweise möglich, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass der Auszubildende während der Ausbildungszeit wieder gesund wird. Zudem kann der Ausbildungsbetrieb den Azubi kündigen, wenn die Eignung für den Ausbildungsberuf dauerhaft entfällt, zum Beispiel aufgrund einer Allergie.

Beispiel: Ein Auszubildender zum Tierpfleger entwickelt eine starke Tierhaarallergie und kann die Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben.

Betriebsbedingte Kündigung

Eine betriebsbedingte Kündigung der Ausbildung kann bei der Stilllegung des Betriebs oder der Ausbildungsabteilung erfolgen. Eine Abmahnung ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten, Arbeitsmangel oder Insolvenz sind hingegen keine ausreichenden Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung von Azubis.

4. Was sollten Auszubildende bei Erhalt einer Kündigung tun?

Um sich gegen eine Kündigung zur Wehr zu setzen, muss der Auszubildende grundsätzlich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben (§ 4 KSchG).

Wurde für Streitigkeiten zwischen Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb ein Schlichtungsausschuss eingerichtet – beispielsweise bei der Handwerkskammer oder der Industrie- und Handelskammer – muss dieser zunächst zwingend angerufen werden. Dem Schlichtungsausschuss gehören je ein Arbeitgebervertreter und ein Arbeitnehmervertreter an – diese sollen eine gütliche Einigung zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb ermöglichen.

Ob ein Schlichtungsausschuss besteht, erfährt der Azubi durch einen Blick in den Ausbildungsvertrag oder auf der Webseite der zuständigen Kammer. Bei Fragen oder Unsicherheiten unterstützt die Ausbildungsberatung.

Erst anschließend kann die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben werden (§ 111 Abs. 2 ArbGG).

Die Drei-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage wird durch das vorgeschaltete Schlichtungsverfahren nicht aufgehoben, sondern gehemmt bzw. unterbrochen. Nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens muss die Kündigungsschutzklage innerhalb von zwei Wochen beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

Beispielhafte Fristberechnung bei Kündigung und vorgeschaltetem Schlichtungsverfahren

Datum Ereignis Frist Fristende
1. Juni Zugang der Kündigung Beginn der 3-Wochen-Frist zur Klageerhebung 22. Juni
6. Juni Anrufung des Schlichtungsausschusses Hemmung der Klagefrist Frist ist unterbrochen
5. Juli Schlichtung ohne Einigung Neue 2-Wochen-Frist zur Klageerhebung 19. Juli

5. Wann kann der Azubi selbst kündigen?

Neben der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund kann der Auszubildende bei Ausbildungsaufgabe oder Berufsänderung die Ausbildung mit einer Frist von vier Wochen ordentlich kündigen.

Möchte der Azubi den gleichen Beruf weiter erlernen und lediglich den Betrieb wechseln, ist dies kein Kündigungsgrund. Hier kann sogar ein Schadensersatzanspruch für den Ausbildungsbetrieb entstehen.

Tipp: Möchte der Azubi den Ausbildungsbetrieb wechseln, ist dies durch einen Aufhebungsvertrag möglich.

Verstößt der Ausbildungsbetrieb gegen seine Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag, können Azubis aus wichtigem Grund kündigen. Bei schweren Verstößen ist sogar eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich.

Wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Azubi sind zum Beispiel:

  • Körperverletzung
  • Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Mobbing
  • Wiederholte unerlaubte Überstunden
  • Mehrfache Nichtfreistellung zur Berufsschule

Kündigung von Auszubildenden nach der Probezeit

  Arbeitgeber Auszubildende/r
Wichtiger Grund Schweres Fehlverhalten wie

  • Diebstahl
  • wiederholte beharrliche Arbeitsverweigerung
  • mehrmaliges unentschuldigtes Fehlen
  • mehrfaches Fernbleiben vom Berufsschulunterricht
  • eigenmächtiger Urlaubsantritt
  • Aufgabe der Berufsausbildung insgesamt
  • Wechsel in anderen Ausbildungsberuf
  • Schwere Verstöße durch den Ausbildungsbetrieb wie
  • Körperverletzung
  • Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Mobbing
  • Wiederholte unerlaubte Überstunden
  • Mehrfache Nichtfreistellung zur Berufsschule
Nicht ausreichend
  • schlechte Noten
  • einzelnes Fehlverhalten
  • einmalige Krankheit
  • Arbeitsmangel
  • wirtschaftliche Schwierigkeiten
  • Konflikte mit den Kollegen
  • Stress mit dem Ausbilder
  • langer Arbeitsweg
  • frühes Aufstehen
  • bessere Jobangebote
  • Wechsel des Ausbildungsbetriebs

6. Fazit

  • Eine Kündigung der Ausbildung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.
  • In der Probezeit kann die Ausbildung sowohl vom Auszubildenden als auch vom Ausbildungsbetrieb fristlos gekündigt werden. Ein Kündigungsgrund ist nicht erforderlich.
  • Nach Ende der Probezeit ist eine Kündigung durch den Auszubildenden oder den Ausbildungsbetrieb nur aus wichtigem Grund (z.B. Diebstahl oder Arbeitsverweigerung) möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und den Kündigungsgrund enthalten.
  • Liegt kein wichtiger Grund für die Kündigung vor, ist ein Aufhebungsvertrag eine mögliche Alternative.
  • Bei Aufgabe der Ausbildung oder einem Berufswechsel kann der Auszubildende mit einer Frist von vier Wochen kündigen.
  • Ist ein Betriebsrat oder Personalrat eingerichtet, so ist dieser vor der Kündigung anzuhören.
  • Für minderjährige Auszubildende, schwangere Auszubildende und Auszubildende mit Schwerbehinderung gelten besondere gesetzliche Vorschriften.
  • Vor der Kündigungsschutzklage kann ein Schlichtungsverfahren erforderlich sein.