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Krankengeld bei Kündigung, Abfindung oder Aufhebungs­vertrag

Besteht ein Anspruch auf Krankengeld trotz Kündigung? Ob es Unterschiede zwischen Eigenkündigung oder Kündigung durch den Arbeitgeber gibt und was bei Abfindungszahlungen oder Aufhebungsverträgen gilt, erklärt dieser Artikel.

1. Was ist Krankengeld?

Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf Krankengeld. Sie sind krankheitsbedingt arbeitsunfähig, wenn sie infolge einer Krankheit nicht in der Lage sind, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Der Arbeitgeber muss dann sechs Wochen lang Lohn oder Gehalt gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz fortzahlen. Der Anspruch bleibt auf sechs Wochen beschränkt, auch wenn während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt. Diese neue Krankheit verlängert den Anspruch nicht. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht für den Arbeitnehmer nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Ist der Arbeitnehmer nach sechs Wochen immer noch krank, zahlt seine Krankenkasse ein sogenanntes Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V aus. Dafür muss die Arbeitsunfähigkeit allerdings ärztlich festgestellt werden. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des regelmäßigen Bruttolohns – also weniger als die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber in den ersten sechs Wochen. Das Krankengeld wird für längstens 78 Wochen ausbezahlt, solange der Arbeitnehmer weiterhin arbeitsunfähig krankgeschrieben ist.

Exkurs: Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen weiteren Zeitraum von sechs Wochen nicht. Das setzt allerdings voraus, dass er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens 6 Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war (Beispiel 1) oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von 12 Monaten verstrichen ist (Beispiel 2).
 
Beispiel 1: A ist ab dem 01.03.20 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er beginnt am 01.04.20 wieder zu arbeiten. A wird am 01.12.20 aufgrund derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig. Er hat wieder einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da er seit 01.04.20 sechs Monate gearbeitet hat.
 
Beispiel 2: A ist ab dem 01.03.20 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er beginnt am 01.11.20 wieder zu arbeiten. A wird am 03.03.21 erneut infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig. Seit dem 01.03.20 sind 12 Monate vergangen. Er hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

2. Berührt eine Kündigung den Anspruch auf Krankengeld?

In der Regel wird nach einer Kündigung eine Kündigungsfrist abgewartet. Welche Folgen hat eine Kündigung auf den Krankengeldanspruch, wenn der Arbeitnehmer nun in der Kündigungsfrist erkrankt?

Kündigung durch den Arbeitgeber

Beispiel 1: Dem Arbeitnehmer wird ordentlich gekündigt. Er erkrankt nun innerhalb der Kündigungsfrist und bleibt bis zum Ende des Anstellungsverhältnisses krankgeschrieben. Der Arbeitgeber muss den Lohn für sechs Wochen weiterzahlen. Nach mehr als sechs Wochen scheidet der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus und erhält nahtlos das Krankengeld.

Arbeitnehmer A wird zum 31.10 gekündigt. Er wird am 02.09 arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber muss die vollen sechs Wochen Entgeltfortzahlung leisten.

Beispiel 2: Der Arbeitnehmer erkrankt innerhalb der Kündigungsfrist und ist über diese hinaus arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis endet bereits vor Ablauf der sechs Wochen. Der Arbeitnehmer erhält ab dem Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Entgeltfortzahlung mehr. Er bezieht nur noch das gekürzte Krankengeld in Höhe von 70 Prozent.

Arbeitnehmer A wird zum 31.10 gekündigt. Er wird am 10.10 arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber muss nur bis zum 31.10 Entgeltfortzahlung leisten.

Beispiel 3: Von diesen Fällen ist die Anlasskündigung zu unterscheiden. Die Anlasskündigung ist eine Kündigung infolge von Krankheit. Das Arbeitsverhältnis wird also wegen der Erkrankung gekündigt.

Der Arbeitgeber muss beim Ausspruch der Kündigung von der Krankheit wissen, sie stellt den entscheidenden Anstoß für die Kündigung dar. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet – anders als im Beispiel 2 – das Entgelt über die vollen sechs Wochen auszubezahlen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verkürzt die Entgeltfortzahlung nicht.

Arbeitnehmer A ist im letzten Jahr mehrmals arbeitsunfähig krank. Er wird auch in Zukunft weiterhin immer wieder erkranken und der Arbeit fernbleiben. A wird zum 31.10 gekündigt, da A erneut erkrankte. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die vollen sechs Wochen Entgeltfortzahlung zu leisten.

Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer

Der Gesetzgeber regelt bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer nichts anderes als bei der Kündigung durch den Arbeitgeber.

Kündigt der Arbeitnehmer und wird danach krank, wirkt sich das nicht nachteilig auf seine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld aus.

Hat der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung Kenntnis von seiner Erkrankung – ist diese also für ihn vorhersehbar – liegt der Fall anders. Der Arbeitnehmer erklärt mit seiner Kündigung bewusst, auf den ihm zustehenden Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu verzichten. Demzufolge besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der krankheitsbedingt arbeitsunfähige Arbeitnehmer hat nur einen Anspruch auf Krankengeld.

Aufgrund der Eigenkündigung kann eine Sperre beim Arbeitsamt entstehen, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitslosigkeit ohne wichtigen Grund selbst herbeigeführt hat. Das bedeutet, der Arbeitnehmer bekommt kein Arbeitslosengeld und somit auch kein Krankengeld. Es tritt eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen ein.

Der Arbeitnehmer behält hingegen seinen Anspruch, wenn der Kündigungsgrund nachvollziehbar ist und ihm das Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht zugemutet werden kann. Dies hat er darzulegen. Bei einer krankheitsbedingten Eigenkündigung durch Vorlage eines ärztlichen Attests.

Beispiel: A erkrankt am 02.09. und könnte bis zum 14.10. Entgeltfortzahlung verlangen. Er selbst kündigt ohne wichtigen Grund zum 30.09. Somit zahlt der Arbeitgeber nur bis zu diesem Datum das Entgelt fort. Aufgrund der Eigenkündigung tritt eine Sperrzeit ein. Erst nach deren Ablauf erhält der A Krankengeld.

Außerordentliche Kündigung

Ein Arbeitnehmer kann auch außerordentlich vom Arbeitgeber gekündigt werden. Eine solche Kündigung ist allerdings nur unter ganz bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen möglich und ist meist fristlos. Sie beruht i.d.R. auf einem massiven Fehlverhalten des Arbeitnehmers, so dass dem Arbeitgeber ein Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht mehr zugemutet werden kann.

Dem Arbeitnehmer steht auch nach einer außerordentlichen Kündigung weiter der Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse zu.

3. Krankengeld nach Abfindungszahlung

Zu unterscheiden sind hier zwei Arten. Die „unechte“ und „echte“ Abfindungszahlung:

Der Aufhebungsvertrag als „unechte“ Abfindung

Bei der „unechten“ Abfindungszahlung handelt es sich charakteristisch um die Zahlung eines Arbeitsentgelts aus vergangen Zeiten. Diese wird nach einem Aufhebungsvertrag, der das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet, ausgezahlt. Dahinter versteckt sich meistens eine rückständige Lohnzahlung oder eine andere Geldleistung, die für erbrachte Arbeitsleistung gewährt wird und ein Anreiz für die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags sein soll.

Ein Aufhebungsvertrag wird von den Krankenkassen wie eine Eigenkündigung eingestuft. Deshalb erfolgt eine Anrechnung auf das Krankengeld in Höhe der Abfindung.

Beispiel: Arbeitnehmer A wird krankheitsbedingt gekündigt. A und Arbeitgeber B schließen einen Aufhebungsvertrag. Dem A steht noch eine Lohnzahlung aus der Vergangenheit zu. Beide vereinbaren einvernehmlich, dass diese als „Abfindung“ gezahlt wird. A erhält daraufhin die Abfindungszahlung. Diese ist sozialversicherungspflichtig und wird dem A auf das Krankengeld angerechnet.

Die „echte“ Abfindung

Bei der „echten“ Abfindung handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt. Somit erfolgt keine Anrechnung auf das Krankengeld, da die Abfindung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt wird und sozialversicherungsfrei ist. Sie ist als eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und zukünftiger Verdienstmöglichkeiten zu verstehen.

4. Fazit

  • Eine Kündigung berührt grundsätzlich nicht den Anspruch auf Krankengeld.
  • Der Arbeitgeber zahlt für maximal sechs Wochen das Entgelt weiter.
  • Bei einer krankheitsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung auch für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit innerhalb der Kündigungsfrist kann die Entgeltfortzahlung kürzen. Ab Beendigung der Anstellung erhält der Arbeitnehmer Krankengeld.
  • Ein Aufhebungsvertrag kann zu einer Verringerung des Krankengeldes führen.
  • Eine „echte“ Abfindung ist sozialversicherungsfrei. Es erfolgt keine Anrechnung auf das Krankengeld.
  • Eine Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer hat grundsätzlich keine Auswirkung auf den Entgeltfortzahlungs- und Krankengeldanspruch.