1. Was bedeutet Zugang der Kündigung?
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein einseitiges Rechtsgeschäft; der Empfänger muss also nicht zustimmen, damit die Kündigung wirksam wird. Allerdings muss er von der Kündigung seines Vertragspartners grundsätzlich Kenntnis erlangen können, denn nur wenn die Kündigung wirksam zugeht, entfaltet diese auch ihre rechtliche Wirkung.
Das heißt: Der Brief muss nicht direkt in der Hand des Empfängers landen – es reicht, wenn er z. B. im Briefkasten liegt und der Empfänger ihn dort normalerweise finden würde. Entscheidend ist also nicht, ob die Kündigung tatsächlich gelesen wird, sondern ob die Möglichkeit dazu besteht.
Eine Kündigung geht daher auch dann zu, wenn der Empfänger verreist ist oder seinen Briefkasten mehrere Tage nicht leert. Eine wirksame Kündigung ist also auch dann möglich, wenn sich der Kündigungsempfänger im Urlaub befindet und die Kündigung erst Wochen später gelesen wird. Das gilt selbst dann, wenn dem anderen Teil der Urlaub bekannt ist.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diesen Grundsatz höchstrichterlich bestätigt: Der Arbeitgeber soll durch einen Urlaub des Arbeitnehmers nicht an der Kündigungserklärung gehindert werden. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer beispielsweise eine rechtzeitige Kündigung durch den Arbeitgeber verhindern –
Wer in den Urlaub fährt, muss folglich für eine regelmäßige Durchsicht seiner Post sorgen. Andernfalls riskiert er die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage, denn nur im Ausnahmefall kann die Klage noch nachträglich zugelassen werden (§ 5 KSchG). Eine solche Ausnahme könnte – im Gegensatz zu einem geplanten Urlaub – bei einer ungewollten Verlängerung des Urlaubs wegen eines Krankenhausaufenthalts vorliegen.
2. Wer muss den Zugang der Kündigung beweisen?
Die Beweislast umfasst im Streitfall auch den genauen Zeitpunkt der Zustellung. Dieser kann für die Frage der Einhaltung der Kündigungsfrist von großer Bedeutung sein (z.B. bei Kündigungserklärung kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist zum Monatsende). Der Kündigende sollte auch daher den rechtzeitigen Zugang der Kündigung beweisen können.
Nicht alle Übermittlungswege werden vor Gericht als Nachweis über den Zugang der Kündigung beim Empfänger akzeptiert. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die gängigsten Zustellmöglichkeiten und deren Beweiskraft im Streitfall:
3. Kündigung per Brief und Einschreiben: Was ist zu beachten?
In aller Regel werden Kündigungen per Post verschickt. Hierbei hat der Kündigende mehrere Möglichkeiten:
- Kündigung per einfachem Brief
- Kündigung per Einwurf-Einschreiben
- Kündigung per Einschreiben mit Rückschein
- Kündigung per Postzustellungsurkunde
Kündigung per einfachem Brief
Grundsätzlich ist eine Kündigung per einfachem Brief ausreichend. Diese Art der Übermittlung ist zwar mit den geringsten Kosten verbunden, aus rechtlicher Sicht allerdings nicht zu empfehlen, denn der Kündigende kann den Zugang der Kündigung beim Empfänger nicht beweisen. Beispielsweise könnte der Brief auf dem Postweg unerkannt verloren gehen. Beruft sich der Empfänger darauf, dass er den Brief mit der Kündigung nie erhalten hat, muss der Kündigende das Gegenteil beweisen.
Ob die postalisch aufgegebene Kündigung tatsächlich beim Empfänger ankommt, bleibt ungewiss. Zwar geht nur ein sehr geringer Teil von Briefen auf dem Postweg verloren, Sie können das Risiko jedoch nicht gänzlich ausschließen.
Ein einfacher Brief kann auch dann als Option ausscheiden, wenn Eile geboten ist. Aufgrund der längeren Postlaufzeiten ist ein einfacher Brief kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist riskant (z.B. kurz vor Monatsende, wenn die Kündigung zum Monatsende erklärt werden muss).
Kündigung per Einwurf-Einschreiben
Eine Kündigung per Einwurf-Einschreiben geht unter normalen Umständen früher beim Empfänger ein als eine Kündigung per einfachem Brief. Beim Einwurf-Einschreiben enthält der Versender außerdem einen sog. Einlieferungsbeleg. Dieser bestätigt allerdings nur, dass die Kündigung zur Post gegeben wurde. Für einen Nachweis des Zugangs ist das nicht ausreichend. Das gilt selbst dann, wenn der Kündigende eine Online-Sendungsverfolgung vorlegt.
Ein Nachweis der Kündigung ist bei einem Einwurf-Einschreiben damit weiterhin nur dann möglich, wenn der Kündigende gleichzeitig den Auslieferungsbeleg der Post vorlegen kann. Da dieser aber in der Regel kurzfristig vernichtet wird, ist das nur selten vielversprechend.
Auslieferungsbelege werden durch die Deutsche Post nur auf Antrag und gegen Zahlung einer Gebühr ausgestellt. Ein Beweis durch Einwurf-Einschreiben ist daher mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Kündigung per Einschreiben mit Rückschein
Eine weitere Methode stellt die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein dar. Bei dem Übergabe-Einschreiben übergibt der Postzusteller das Schreiben persönlich an den Empfänger und lässt diesen die Entgegennahme quittieren. Unterzeichnet dieser also den Erhalt, hat der Versender einen tauglichen Nachweis
Ist der Empfänger jedoch nicht erreichbar, nimmt der Postzusteller den Brief wieder mit und gibt dem Empfänger die Möglichkeit, den Brief innerhalb von sieben Werktagen bei der Post abzuholen. Bis zur Abholung durch den Empfänger gilt der Brief dann als noch nicht zugegangen.
Der Empfänger ist außerdem nicht verpflichtet, ein Einwurf-Einschreiben anzunehmen und den Empfang zu bestätigen. Ohne Unterschrift gilt der Brief jedoch grundsätzlich als nicht zugestellt. Damit ist das Einschreiben mit Rückschein missbrauchsanfällig und kann den Zustellzeitpunkt erheblich verzögern.
Kündigung per Postzustellungsurkunde
Um auf Nummer sicher zu gehen, verwenden viele Arbeitgeber bei der Zustellung von Kündigungen das Mittel der Postzustellungsurkunde (PZU). Dabei handelt es sich um ein amtliches Dokument, mit dem die Zustellung der Kündigung nachgewiesen werden kann. Grundsätzlich übergibt der Postzusteller den Brief in diesem Fall an den Empfänger persönlich. Trifft er diesen nicht an, kann er den Brief auch in den Briefkasten zustellen.
Der Vorteil der Postzustellungsurkunde liegt darin, dass jegliche Form der Zustellung dokumentiert wird und als Beweis anerkannt ist. Allerdings ist die Zustellung per Postzustellungsurkunde gegenüber den anderen Varianten deutlich teurer. Arbeitnehmer greifen daher in der Regel zurecht auf eine der anderen Optionen zurück.
Kündigung per E-Mail nicht ausreichend
Trotz fortschreitender Digitalisierung ist eine Kündigung per E-Mail nicht möglich. § 623 BGB verlangt weiterhin die Schriftform. Eine E-Mail genügt dieser Anforderung auch dann nicht, wenn die Kündigung ausgedruckt, handschriftlich unterzeichnet und anschließend eingescannt und im Anhang per E-Mail versendet wird.
Eine Kündigung per E-Mail geht daher zwar faktisch sehr zügig beim Empfänger ein, sie setzt jedoch grundsätzlich keine rechtlichen Fristen in Gang. Der Arbeitgeber darf daher eine Kündigung per E-Mail oder WhatsApp ignorieren und auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vertrauen. Kündigt der Arbeitgeber selber per E-Mail, beginnt dadurch die dreiwöchige Frist einer Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) nicht.
Ausnahmsweise kann das Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage aber auch bei einer wegen formaler Fehler unwirksamen Kündigung verloren gehen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat dies für den Fall einer Kündigungsschutzklage entschieden, die sieben Monate nach dem Ausspruch einer unwirksamen Kündigung erhoben wurde (LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.08.2010 – 25 Ta 1628/10).
Der Kündiger darf demnach auch trotz unwirksamer Kündigung mit zunehmender Dauer auf die Wirksamkeit der Kündigung vertrauen. Das Gericht legte sich dabei auf eine Dauer von sechs Wochen fest. Dies entspricht der doppelten Länge der gesetzlichen Kündigungsschutzfrist.
4. Ist eine persönliche Übergabe der Kündigung möglich und sinnvoll?
Eine Versendung auf dem Postweg ist nicht zwingend erforderlich, eine Kündigung kann auch persönlich übergeben werden, was insbesondere bei einer Eigenkündigung viele Vorteile hat. Sie können Ihre Kündigung mit einer persönlichen Erklärung verbinden und reduzieren das Überraschungsmoment für den Arbeitgeber ein wenig.
Gegenüber dem einfachen Postweg hat die persönliche Übergabe außerdem zwei wesentliche Vorteile:
- Die Kündigung kann nicht auf dem Übermittlungsweg verloren gehen. Sie können also sicher sein, dass die Kündigung auch tatsächlich ankommt. Insbesondere bei Kündigungen kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist (z.B. wenige Werktage vor Monatsende) können Sie so sicherstellen, dass die Kündigungsfrist nicht von neuem beginnt, weil die Kündigung den Arbeitgeber nicht erreicht hat und eine kurzfristige erneute Kündigung nicht mehr möglich ist.
- Ein Zugang ist noch am selben Tag möglich. Sie können die Kündigungserklärung vormittags verfassen und dem Arbeitgeber noch am selben Tag überreichen und damit zustellen. Bei einer postalischen Versendung liegen zwischen Abgabe und Zugang der Kündigung in aller Regel mindestens drei Werktage. Ist der Tag des Zugangs also entscheidend, kann eine persönliche Übergabe der sicherste Weg sein.
Allerdings birgt die persönliche Übergabe auch ein gewisses Risiko, denn Sie haben zunächst einmal keinen Beweis für die tatsächliche Übergabe. Im Streitfall steht im schlechtesten Fall Ihr Wort gegen das Ihres Arbeitgebers. Dieses Risiko können Sie jedoch mit kleinen Maßnahmen verringern:
- Fügen Sie Ihrer Kündigungserklärung eine Empfangsbestätigung bei, die Sie sich vom Arbeitgeber unterzeichnen lassen. Der Arbeitgeber ist zwar nicht verpflichtet, Ihnen den Erhalt der Kündigung zu quittieren. Praktisch wird er das aber häufig tun.
- Alternativ können Sie sich Zeugen verschaffen, indem Sie Arbeitskollegen über die Übergabe der Kündigung informieren und diese mit in das Büro des Chefs nehmen. Eine Übergabe vor Zeugen hilft, um im Streitfall den Zugang der Kündigung zu beweisen.
Auch der Arbeitgeber kann das Kündigungsschreiben persönlich übergeben. In der Praxis ist das zwar nur selten der Fall, aber wirksam. In aller Regel kann der Arbeitgeber den Zugang auch leichter beweisen, weil er einfacher auf Zeugen (z.B. andere Angestellte) im Betrieb zurückgreifen kann, die im Regelfall für den Arbeitgeber aussagen.
5. Fazit
- Eine Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie so beim Empfänger ankommt, dass er sie unter normalen Umständen lesen kann.
- Maßgeblich für den Zugang ist nicht das Datum auf der Kündigung oder der Versendung, sondern der Eingang beim Empfänger.
- Der Empfänger muss die Kündigung nicht tatsächlich lesen. Es reicht aus, wenn er unter normalen Umständen die Kündigung erhalten hätte. Ein Urlaub verzögert die Zustellung daher nicht.
- Die richtige Art der Übermittlung hängt maßgeblich davon ab, wie wichtig ein Nachweis des Eingangs für den Kündigenden ist.
- Eine persönliche Übergabe der Kündigung ist möglich und sinnvoll, wenn gleichzeitig ein Nachweis gesichert ist (z.B. Empfangsbestätigung, Zeugen).