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Zurückweisung einer Kündigung wegen fehlender Bevoll­mächtigung

Nicht selten wird die Kündigung nicht vom Arbeitgeber persönlich, sondern von einem Stellvertreter erklärt. Wenn dieser der Kündigung keine Vollmachtsurkunde beilegt, kann sie zurückgewiesen werden. Die Voraussetzungen dafür erklären wir Ihnen.

1. Wozu die Kündigung zurückweisen?

Die Kündigung wird bei Zurückweisung unwirksam und kann auch durch eine nachträgliche Vorlage der Vollmachtsurkunde nicht geheilt werden. Vielmehr muss eine neue Kündigung erklärt werden. Der Arbeitnehmer bleibt also mindestens solange weiter im Arbeitsverhältnis, bis die neue Kündigungserklärung erfolgt und die neue Kündigungsfrist verstrichen ist.

Der Arbeitnehmer sollte nach der Zurückweisung allerdings nicht untätig bleiben, sondern innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben. Tut er das nicht, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an wirksam.

Sofern der Arbeitgeber keine zweite Kündigung mit beigelegter Vollmachtsurkunde erklärt hat, kann im Kündigungsschutzverfahren unabhängig vom Vorliegen eines Kündigungsgrundes die zurückgewiesene Kündigung als unwirksam und das Arbeitsverhältnis als nicht beendet festgestellt werden.

Bei außerordentlichen fristlosen Kündigungen kann nach der Zurückweisung eine erneute außerordentliche Kündigung sogar unmöglich werden. Die Frist zur Kündigung beträgt dort nämlich gemäß § 626 II BGB nur zwei Wochen und sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber über die kündigungsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dementsprechend ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass der Arbeitgeber es nicht mehr schafft, innerhalb dieser Frist eine neue fristlose Kündigung zu erklären. Die Zurückweisung der Kündigung ist also ein sehr nützliches Rechtsmittel, was in jedem Fall in Anspruch genommen werden sollte.

2. Wann kann eine Kündigung zurückgewiesen werden?

Die Zurückweisung einer Kündigung kommt nur in Betracht, wenn ein Bevollmächtigter die Entlassung ausspricht. Handelt der Arbeitgeber hingegen persönlich, lässt sich die Kündigung nicht zurückweisen. Natürlich kann man aber auch dann vor Gericht wegen anderer Gründe gegen die Entlassung klagen.

Die Kündigungserklärung eines Bevollmächtigten kann unter folgenden Voraussetzungen zurückgewiesen werden:

Stellvertreter des Arbeitgebers

Vor allem bei größeren Unternehmen wird die Kündigung von Arbeitnehmern nicht vom Arbeitgeber persönlich, sondern vom Personalleiter oder anderen Mitarbeitern vorgenommen.

Für eine wirksame Stellvertretung des Arbeitgebers nach § 164 BGB muss der Stellvertreter die Kündigung selbst anfertigen und nach außen erkennbar im Namen des Arbeitgebers handeln. Die Kündigung ist dabei regelmäßig dem Arbeitgeber zuzurechnen, auch wenn nicht ausdrücklich auf das Vertretungsverhältnis hingewiesen wird.   Außerdem bedarf der Vertreter einer Vollmacht des Arbeitsgebers, also der Befugnis in dessen Namen zu handeln. Regelmäßig liegt diese in Form einer Prokura oder einer Generalvollmacht vor.

a) Zurückweisung gegenüber Erklärungsboten

Die Zurückweisung ist aber auch bei anderen Arten von Vertretern anerkannt. So auch bei der Übermittlung einer Erklärung durch einen Boten. Hier übermittelt der Bote lediglich eine vorformulierte Erklärung des Geschäftsherrn (Arbeitgeber). Die Erklärung des Boten kann auch zurückgewiesen werden, wenn der Bote keine Urkunde für seine Botenmacht vorzeigen kann.

b) Zurückweisung gegenüber gesetzlichen Vertretern

Die Zurückweisung ist grundsätzlich bei gesetzlichen und organschaftlichen Vertretern ausgeschlossen. Genau genommen sind diese nämlich gar nicht bevollmächtigt, also rechtsgeschäftlich zur Vertretung ermächtigt. Sie sind gesetzliche Vertreter. Deshalb ist die Zurückweisung einer Kündigung vom vertretungsbefugten Organ ausgeschlossen

Wer ist der gesetzliche Vertreter?

  • Bei einer GmbH der Geschäftsführer.
  • In einer Aktiengesellschaft (AG) der Vorstand.
  • Bei einer SE der geschäftsführende Direktor.
  • Bei einer GmbH & Co.KG der Geschäftsführer der GmbH.

Aber auch bei den genannten Gesellschaften und ihren Organen kann eine Zurückweisung der Kündigung in Betracht kommen. Sofern der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung nicht ein Mitglied zur Alleinvertretung bestimmt, gilt grundsätzlich, dass die Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder oder Direktoren ihre Gesellschaft gemeinschaftlich vertreten. Wenn die Mitglieder sich dann aber entscheiden, ein einziges Mitglied zur Alleinvertretung zu ermächtigen und dieses dann die Kündigung ohne Beilegung der Ermächtigungsurkunde erklärt, dann findet auf diesen gewählten Vertreter § 174 BGB wie auf einen Bevollmächtigten Anwendung. Er muss also bei jeder Kündigung eine Ermächtigungsurkunde beilegen.

Die Kündigung durch Geschäftsführer, Vorstände & Co. kann also grundsätzlich nicht zurückgewiesen werden. Etwas anderes gilt aber, wenn z.B. die Geschäftsführung aus mehreren Personen besteht und nur ein Geschäftsführer die Kündigung ausspricht (BAG, Urt. v. 10.02.2005 – 2 AZR 584/03).

Keine Vorlage der Vollmachtsurkunde

Um die Kündigung wirksam zurückzuweisen, darf der Stellvertreter keine Vollmachtsurkunde vorgelegt haben. Dabei muss die Urkunde im Original vorliegen. Eine Kopie oder eine Übermittlung der Urkunde durch Telefax genügen nicht. Die Vorlage der Urkunde muss außerdem mit der Kündigung erfolgen. Eine frühere Vorlage genügt auch nicht.

Keine Kenntnis der Vollmacht

Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Dabei reicht es nicht aus, dass der Arbeitnehmer aus anderweitiger Quelle erfährt, dass der Kündigende tatsächlich bevollmächtigt ist. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer vorher die Bevollmächtigung mitgeteilt haben.

Kündigt der Personalleiter den Arbeitnehmer, hat die Rechtsprechung eine Zurückweisung der Kündigung als unwirksam angesehen. Durch die Anstellung als Personalleiter liegt eine konkludentes In-Kenntnis-Setzen durch den Arbeitgeber vor. Die Stellung des Personalleiters lässt bereits auf eine Bevollmächtigung zum Ausspruch von Kündigungen schließen. Dies setzt natürlich voraus, dass der Arbeitnehmer über die Stellung des Kündigenden als Personalleiter Kenntnis hat (vgl: BAG, Az.: 2 AZR 298/71, Urteil vom 30.05.1972).

Zurückweisungshandlung

Damit die Zurückweisung auch wirksam ist, müssen einige Punkte beachtet werden. Zunächst kann die Zurückweisung nur gegen den Arbeitgeber selbst oder gegen den Bevollmächtigten erfolgen. Außerdem muss die Zurückweisung gerade wegen der Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde erfolgen. Eine Zurückweisung aus anderen Gründen, z.B. weil die Kündigung unwirksam sei, ist ausgeschlossen.

Unverzügliche Zurückweisung

Die Zurückweisung muss laut § 174 BGB unverzüglich erfolgen. Was „unverzüglich“ bedeutet, ist zwar im Gesetz nicht genau umschrieben, aber § 121 BGB definiert es mit „ohne schuldhaftes Zögern“. Laut dem Bundesarbeitsgericht ist eine Zurückweisung, die später als eine Woche nach der Kenntnisnahme erfolgt, nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 174 BGB.

Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB, wenn sie später als eine Woche nach der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung und der fehlenden Vorlegung der Vollmachtsurkunde erfolgt. (BAG, Urteil vom 08. Dezember 2011 – 6 AZR 354/10).

3. Fazit

Die Zurückweisung nach § 174 BGB ist ein sehr effektives Mittel, um gegen eine Kündigung durch einen Bevollmächtigten vorzugehen. Sie sollte in jedem Fall genutzt werden, da die Kündigung dann unabhängig vom Kündigungsgrund unwirksam wird. Vergessen Sie aber nicht, innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage einzureichen, da die Kündigung ansonsten automatisch wirksam werden würde.

4. Video