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Turboklausel + Sprinterprämie im Aufhebungsvertrag (mit Muster)

Sprinterprämien und Turboklauseln finden sich in der Praxis regelmäßig in arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen oder Sozialplänen wieder. Wir erklären, was Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang wissen müssen.

1. Was sind Turboklausel und Sprinterprämie?

In Aufhebungsverträgen legt man üblicherweise einen konkreten Beendigungszeitpunkt fest, zu welchem der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt.

Die Turboklausel (auch: Sprinterklausel) ist eine gängige Vereinbarung in derartigen Verträgen und ermöglicht es Arbeitnehmern, frühzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden und noch vor Eintritt des vereinbarten Beendigungszeitpunktes und der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 622 BGB) einseitig zu kündigen.

Arbeitgeber möchten regelmäßig Arbeitnehmer, mit denen sie einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis entlassen, denn dadurch sparen sie die Kosten einer weiteren Beschäftigung und erhalten sowohl Personalplanungs- als auch Rechtssicherheit. Eine vorzeitige Beendigung führt insofern zur flexibleren Besetzung der vakanten Stelle und vermeidet potenzielle gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem Arbeitnehmer.

Weil häufig mit dem Arbeitnehmer eine bezahlte Freistellung vereinbart wird, soll die sogenannte Sprinterprämie diesem einen besonderen finanziellen Anreiz bieten, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu kündigen.

Die Sprinterprämie wird ausbezahlt, wenn der Arbeitnehmer die Turboklausel in Anspruch nimmt. Eine gegebenenfalls im Aufhebungsvertrag festlegte Abfindung erhöht sich um die Sprinterprämie, wenn der Arbeitnehmer vor dem festgelegten Beendigungszeitpunkt kündigt.
Beispiel: Arbeitnehmer A vereinbart mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Darin einigen sich die Vertragsparteien darauf, dass A zum 31.01. aus dem Unternehmen ausscheidet und eine Abfindung erhält. Verlässt A das Unternehmen vor dem 31.01., erhält er für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens ein Bruttomonatsgehalt („Sprinterprämie“).

A findet in der Zwischenzeit einen anderen Job und möchte daher schon zum 31.12. das Unternehmen verlassen. Er kündigt wirksam und bekommt auf Grund der vereinbarten Turboklausel ein volles Monatsgehalt zusätzlich zur Abfindung.

2. Vorteile der Turboklausel

Arbeitnehmer können durch die Turboklausel selbständig entscheiden, ob sie das Unternehmen früher verlassen wollen. Sie können dadurch flexibler auf neue Arbeitsangebote reagieren.

Ein weiterer Vorteil ist selbstverständlich der finanzielle Ausgleich durch die Erhöhung der jeweiligen Abfindung. Bei einer Anschlussbeschäftigung erhalten Arbeitnehmer – je nach Vereinbarung – durch Auszahlung der Sprinterprämie und ihre neue Vergütung ein „doppeltes Gehalt“.

Falls der Arbeitnehmer nicht unmittelbar in eine neue Anstellung wechselt, kann die Sprinterprämie eine Überbrückungszeit in eine neue Beschäftigung oder eine berufliche Umorientierung ermöglichen.

Arbeitgeber sparen durch die Turboklausel zumindest die arbeitgeberseitigen Sozialversicherungsbeiträge, die sie bei Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zahlen müssten. Abhängig von der Höhe der vereinbarten Sprinterprämie reduzieren sich zudem die Gehaltszahlungen durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Bei einer Freistellung des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber außerdem meist kein Interesse mehr daran, diesen weiterhin zu beschäftigen und es entstehen neue Kapazitäten für die Anstellung eines anderen Mitarbeiters.

Merke: Die Turboklausel hat sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber vor allem finanzielle Vorteile.

3. Risiken der Turboklausel

Grundsätzlich stellt eine Turboklausel keinen Nachteil für Arbeitnehmer dar, denn diese können selbst entscheiden, ob sie die Klausel in Anspruch nehmen möchten oder nicht.

Was müssen Arbeitnehmer bei der Turboklausel beachten?

Arbeitnehmer sollten unbedingt die Schriftform der Turboklausel beachten, denn auch eine Kündigung in diesem Rahmen unterliegt dem gesetzlichen Schriftformerfordernis (§ 623 BGB). Eine unwirksam erklärte Kündigung muss daher erneut in ordnungsgemäßer Schriftform wiederholt werden, ansonsten gilt das Arbeitsverhältnis unverändert fort. Eine Kündigung zum Beispiel per Telefon, SMS, Telefax oder E-Mail ist unwirksam.

Dies kann in der Praxis zu Problemen führen, wenn der Arbeitnehmer zum Beispiel bereits einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hat und kurzfristig die neue Tätigkeit anfangen möchte.

Beispiel: Arbeitnehmer B hat mit seinem jetzigen Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag mit Turboklausel vereinbart und erklärt ihm die Kündigung per SMS, da er seine neue Arbeit so schnell wie möglich antreten möchte. Die Kündigung ist unwirksam. B muss seine Kündigung in Schriftform wiederholen, ansonsten gilt sein Arbeitsverhältnis weiterhin fort.

Gibt es steuerliche Nachteile bei der Sprinterprämie?

Es ist gerichtlich noch nicht einheitlich geklärt, ob die Sprinterprämie, wie die Abfindung selbst, einer steuerlichen Begünstigung unterliegt. Zur Vermeidung steuerrechtlicher Nachteile sollte daher in der Turboklausel vereinbart werden, dass die vorzeitige Beendigung des Anstellungsverhältnisses im ausdrücklichen Interesse des Arbeitgebers liegt.

Durch diese Formulierung wird die Sprinterprämie den ermäßigt zu besteuernden außerordentlichen Einkünften (§§ 24, 34 EstG) zugerechnet und muss nicht in vollem Umfang besteuert werden.

4. Bewirkt die Sprinterprämie eine Sperrzeit vom Arbeitsamt?

Bei Aufhebungsverträgen besteht grundsätzlich das Risiko einer Sperrzeit, denn der Gesetzgeber geht in diesen Fällen von einer Mitwirkung des Arbeitnehmers in Bezug auf die Arbeitslosigkeit aus. Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Aufhebungsvertrag aber auch ohne Sperrzeit möglich.

Kündigt der Arbeitnehmer vorzeitig das Arbeitsverhältnis, ohne eine Anschlussbeschäftigung zu haben und erhält eine Sprinterprämie, kann sich dies negativ auf seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I auswirken.

Eine Eigenkündigung ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist führt zum Ruhen des Arbeitslosengeldes (§ 158 SGB III). Dadurch sollen zum einen Doppelleistungen vermieden werden, da durch die Sprinterprämie und eine gegebenenfalls vereinbarte Abfindung trotz Arbeitslosigkeit kein Verdienstausfall im eigentlichen Sinne entsteht. Zum anderen bezweckt die Regelung den Schutz vor einer Manipulation der Arbeitslosenversicherung.

Wie lange ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist geendet hätte. Die Obergrenze liegt bei einem Jahr und kann verkürzt werden, abhängig von der Höhe der erhaltenen Summe aus dem Aufhebungsvertrag und des kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts.

Grds. sollte die Inanspruchnahme der Sprinterprämie gegen die Nachteile einer Ruhezeit beim Arbeitslosengeld abgewogen werden. Wenn beispielsweise von einer langwierigen Arbeitssuche auszugehen ist, kann das Arbeitslosengeld – je nach Höhe der vereinbarten Sprinterprämie – gegebenenfalls eine größere finanzielle Sicherheit bieten.
Rechenbeispiel: Arbeitnehmer B nimmt die Turboklausel in Anspruch und kündigt vor Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist sein Anstellungsverhältnis. Er erhält hierdurch ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.500 € als Sprinterprämie ausgezahlt und hat keine Anschlussbeschäftigung.

Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld würde 18 Tage ruhen (60 % der Prämie (2.100 €) / Kalendertagesentgelt (42.000 € / 365).

5. Wie hoch ist die Sprinterprämie?

Die Höhe der Sprinterprämie ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Allerdings wird regelmäßig vereinbart, dass der Arbeitnehmer zusätzlich zur gegebenenfalls ebenso vereinbarten Abfindung im Aufhebungsvertrag ein ganzes oder anteiliges Bruttomonatsgehalt (zum Beispiel: 50 % des Bruttomonatsgehalts) für jeden Monat erhält, den er das Unternehmen früher verlässt.

Beispiel: Arbeitnehmer B hat einen Aufhebungsvertrag unterschrieben, darin ist sein Ausscheiden zum 30.04. vereinbart worden. Er kündigt nun das Anstellungsverhältnis wirksam bereits zum 28.02. Im Aufhebungsvertrag wurde eine Turboklausel mit Sprinterprämie vereinbart. Für jeden Monat den B das Unternehmen früher verlässt, soll dieser jeweils ein Bruttomonatsgehalt bekommen. Sein Bruttomonatsgehalt beträgt 4.000 €. B erhält also einen Betrag von zwei Bruttomonatsgehältern ausgezahlt, insgesamt 8.000 €.

6. Muster für eine wirksame Turboklausel

Nachfolgend finden Sie eine typischerweise in Aufhebungsverträgen verwendete, wirksame Turboklausel:

Der Arbeitnehmer ist berechtigt, das Arbeitsverhältnis schriftlich mit einer Frist von einer Woche vor dem [Datum] vorzeitig zu beenden. Eine derartige Beendigung entspricht ausdrücklich dem Wunsch und dem Interesse des Arbeitgebers. Die Abfindung erhöht sich für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung um [Betrag in brutto] oder bei einem Ausscheiden während des laufenden Monats um den anteiligen Betrag.

7. Fazit

  • Durch eine Turboklausel in Aufhebungsverträgen oder Sozialplänen haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis einseitig und flexibel zu kündigen.
  • Wer im Rahmen der Turboklausel frühzeitig kündigt, erhält je nach Vereinbarung eine Sprinterprämie.
  • Die Höhe der Sprinterprämie fällt unterschiedlich aus und kann beispielsweise ein Bruttomonatsgehalt je eingespartem Monat des Arbeitsverhältnisses betragen.
  • Turboklausel und Sprinterprämie sind grundsätzlich vorteilhaft, sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber.
  • Arbeitnehmer sollten allerdings bei der Formulierung der Turboklausel und bei Kündigung ohne Anschlussbeschäftigung vorsichtig sein, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.